„Man lernt nie aus“, so meine erste Reaktion auf eine sehr interessante Analyse zu neuen Biokraftstoffen.
Zunächst aber noch ein kurzer Blick zurück.
Vor etwa 20 Jahren prägte Biodiesel die öffentliche Debatte. Die Idee, aus nachwachsendem Rohstoff wie Raps einen klimafreundlichen Kraftstoff herzustellen, war eigentlich charmant. Doch dann kam die „Tank- oder-Teller„- Diskussion auf: Ist es verantwortbar, wertvolles Ackerland für den Anbau von Kraftstoffen zu verschwenden? Auch die ganzheitliche Ökobilanz zu Biodiesel war nicht überzeugend. Der Bedarf an fossilen Energien für den Anbau, Kunstdünger, Transport und Verarbeitung ist erheblich. Zudem hatten viele Fahrzeughersteller ihre Motoren nicht für reinen Biodiesel freigegeben. Da ebbte die Euphorie schnell ab. Heute werden allerdings 7 Prozent Biodiesel dem normalen fossilen Diesel beigemischt – das ist aber kaum eine Schlagzeile wert.
Zuletzt hatte HVO für großen öffentlichen Wirbel gesorgt. Gebrauchte Pflanzenöle (Frittenfett bzw. der korrekte Fachbegriff: Used Cooking Oil, UCO) für klimafreundliches Autofahren zu verwenden, ist eine kaum zu übertreffenden Werbung für den Kraftstoff. Dabei kommen auch beim Biodiesel etwa 30 Prozent gebrauchte Pflanzenöle zum Einsatz – neben dem Hauptbestandteil Rapsöl. Bei HVO entsteht durch die Behandlung der Pflanzenöle mit Wasserstoff (Hydrierung) – im Gegensatz zu Biodiesel – ein sehr sauberer Kraftstoff. Fast alle Fahrzeughersteller haben daher ihre Motoren für HVO freigegeben. Die Verwendung von frischem Palmöl und die damit verbundene Rodung von Regenwäldern sorgt jedoch auch bei HVO für viel Kritik.
Wie wäre es, spezielle Ölpflanzen auf Brachflächen (semi-aride Böden), die nicht für Futter- und Lebensmittel geeignet sind, anzubauen? Dieses Thema hat Dr. Wernicke in einer interessanten Analyse im Detail betrachtet. Die nicht für den Verzehr geeigneten Ölfrüchte des Jatropha-Baumes sind eine beachtenswerte Lösung. Etwa 1,5 Tonnen Öl können pro Hektar kargen Landes geerntet werden. Würden wir nur 20 Prozent der weltweit verfügbaren Flächen nutzen, so könnten wir damit etwa 400 Millionen Tonnen Jatropha-HVO produzieren. Damit könnte man ein Viertel des heutigen fossilen Diesels ersetzen und relativ schnell jährlich eine Milliarde Tonnen an CO2-Emissionen einsparen.
Warum wird das dann nicht umgesetzt?
Die Kosten für Jatropha-HVO sind heute etwa doppelt so hoch wie für den fossilen Diesel (50-70 US Cent pro Liter). Auch die Produktion des heutigen HVO aus Palmöl ist deutlich günstiger als die aus Jatropha-Öl.
Was tun?
Mit der großtechnischen Verarbeitung von Jathropha-Öl lassen sich die Kosten noch deutlich reduzieren. Spannend ist allerdings die Tatsache, das es sich bei Jathropha um einen Baum handelt, der über 10 Jahre etwa 45 bis 90 Tonnen CO2 pro Hektar bindet. Verarbeitet man dann das Holz zu Biokohle, wird zusätzlich und dauerhaft CO2 aus dem Kreislauf entzogen und kann über CO2-Gutschriften hilfreiche Erlöse erzielen.
Nachdem die potentiellen, semi-ariden Anbauflächen in sehr sonnenreichen Regionen liegen, bietet sich auch die Kombination mit Photovoltaik an. Dann kann man vor Ort gleich den Wasserstoff erzeugen, den man für die Hydrierung des Öles braucht und schafft zusätzliche Wertschöpfung in diesen meist sehr armen Ländern.
Jetzt geht es darum, Investoren für dieses wirklich nachhaltige Thema zu finden. Und für die Autofahrer sollte es doch kein Problem sein, für einen klimafreundlichen Kraftstoff etwas mehr zu bezahlen – oder? Mit effizienten Hybrid-Antrieben und einer angepassten Fahrweise, lassen sich sogar die Mehrkosten schnell wieder hereinholen!
Bild: Petra Boeger + KI