Freiwillig geht gar nichts, lieber Herr Minister!

Baden-Württembergs Verkehrsminister hat zum E-Mobility Experience Day „Green Waves“ nach Friedrichshafen geladen. Der See war tiefblau und nicht grün. Der Säntis lächelte mit seinen Schneeresten freundlich zum Graf-Zeppelin-Haus herüber. Ein traumhafter Tag an einem historischen Ort. Vor 125 Jahren startete hier der mit Wasserstoff gefüllte Zeppelin zu seinem Erstflug.

Wie fast alle Politiker (das soll nicht als Entschuldigung gelten) setzte der Minister bei der Veranstaltung zur klimaneutralen Schifffahrt auf Freiwilligkeit und nicht auf Verbote. Als erfahrener Verkehrspolitiker sollte er aber wissen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der europäischen Autoindustrie zur CO2-Reduktion schon 2008 krachend gescheitert war. Erst Milliarden-schwere Strafzahlungen haben ab 2020 dazu geführt, dass die E-Mobilität in Schwung kam. Ohne diese Strafzahlungen hätten wir heute etwa so viele E-Autos auf den Straßen wie E-Schiffe auf dem Bodensee.

Bis 2040 soll die Schifffahrt auf dem Bodensee klimaneutral werden, so der Wunsch des Ministers: „15 Jahre sind doch eine lange Zeit, das sollte zu schaffen sein!“ Da müsste er sich einmal in der Industrie erkundigen. Eine Produktentwicklung und Qualifizierung, sowie der Aufbau von Produktionsanlagen verschlingen viele Jahre und noch sehr viel mehr Geld. Erst dann kann die Marktdurchdringung starten. Bei den E-Autos sind wir heute bei 3 Prozent. Bei den aktuellen Verkaufszahlen wird eine komplette Marktdurchdringung (Klimaneutralität) noch Jahrzehnte dauern. Bei den Schiffen ist es noch viel schwieriger, da deren Lebensdauer viele Jahrzehnte beträgt und bisher keiner der etablierten Hersteller mit einer Produktentwicklung gestartet hat.

Zu guter Letzt noch ein Wort über die sehr hohen Stromkosten, die die Pläne einer E-Fähre zwischen Konstanz und Meersburg zum großen Bedauern vieler Teilnehmer durchkreuzt haben: An einem sonnigen Tag – so wie es letzten Freitag der Fall war – bekommt man den Strom zum Laden der Batterien der E-Fähre zwischen 10 Uhr und 17 Uhr sogar kostenlos. Nachdem die Fähre aber rund um die Uhr und das ganz Jahr über geladen werden will, kann dann nur der knappe und sehr teure Strom aus Gaskraftwerken zum Einsatz kommen. Je mehr große Stromverbraucher wie E-Fähren oder E-LKWs oder E-Busse den Strombedarf nach oben treiben, umso teurer wird dieser sein. Es ist halt nicht so einfach, die riesigen Mengen an importiertem und einfach speicherbarem Erdöl durch heimische Sonne und Wind zu ersetzen. Die ausreichende Verfügbarkeit von grünem Strom zu jeder Tages- und Jahreszeit wird noch mindestens 10 Jahre dauern und erst mit dem Import von Wasserstoff über Pipelines und Wasserstoff-fähigen Gaskraftwerken zuverlässig funktionieren.

Entscheidend für eine klimaneutrale Mobilität auf und um den See sind stabile und machbare regulatorische Rahmenbedingungen (Gesetze) und eine langfristige und ganzheitliche Umsetzungsstrategie, wie in der Grafik unten dargestellt. Erst wenn die Regierungschefs der IBK beginnen, diese Rahmenbedingungen zu schaffen, bekommen Unternehmer die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit für die Kraftstoffe und Antriebe der Zukunft.

 

Grafik: Nur mit einer ganzheitlichen Umsetzungsstrategie (Antriebe, Energiebeschaffung und Infrastruktur) gelingt die Mobiltätswende

 

 

 

 

 

 

Blogbeitrag teilen

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Sie auch interessieren ...