What ever it takes – Impressionen von den Ulm Electrochemical Talks 2025

Tiefschwarz zog die Gewitterzelle über die Einstein-Stadt. Dann stürzten gigantische Wassermassen über das Conference Center Ulm. Ob das moderne Gebäude jetzt in oder an der Donau gebaut wurde, war nicht mehr zu unterscheiden.

Viele der Teilnehmer hatten das gar nicht bemerkt, so tief waren sie in die Diskussionen über die Erkenntnisse des ersten Tages vertieft. Bei gutem Essen, exzellentem Wein und toller Live-Band funktionierte der Austausch zwischen den erfahrenen Experten aus der Industrie und den jungen Forschern hervorragend. Genau das war die Absicht von Prof. Jürgen Garche, als er die ersten Ulmer Elektrochemischen Tage im Jahr 1993 aus der Taufe hob. Dafür und für den konsequenten Ausbau des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) zu einem der weltweit renommiertesten Forschungszentren auf dem Gebiet der Batterie- und Wasserstoff-Technologien wurde er mit dem „Award of Excellence“ ausgezeichnet. Drei junge ForscherInnen erhielten eine Auszeichnung für ihre hervorragenden Ergebnisse, die sie auf Postern präsentiert hatten. Um bei den kritischen Gutachtern erfolgreich zu punkten, bedarf es nicht nur sehr guter wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch deren überzeugende Darstellung.

Was waren meine wichtigsten Impressionen aus den vielen, sehr informativen Vorträgen?

Bei der Natrium-Ionen-Batterie (NIB) sind die technologischen Fortschritte nicht zu übersehen. Aber kann sie mit der Lithium-Ionen-Batterie (LIB) mithalten? Auf keinen Fall mit den Hochleistungszellen auf der Basis von Nickel-haltigen Kathoden. Im Vergleich zu den Lithium-Eisenphoshat-Zellen (LFP), die sich immer breiter im Markt etablieren, sind die Unterschiede dagegen nicht so groß. Und wie sieht es bei den Kosten aus? Eine sehr detaillierte Analyse der BASF kam zu dem Ergebnis, dass der Lithium-Preis um den Faktor sechs steigen muss, um mit der Natrium-Technologie kostengünstiger zu werden. Das ist eher unwahrscheinlich, aber Konkurrenz ist immer gut, um die Preise möglichst niedrig zu halten.

Wie ein roter Faden zog sich der Vorsprung Chinas, nicht nur bei den Batterien, sondern auch bei den Wasserstofftechnologien, durch die Konferenz. China hat eine ganzheitliche Strategie, die das komplette Ökosystem, vom Rohstoff und der Energieversorgung über die Produktion bis zur Anwendung gleichzeitig vorantreibt (siehe auch Titelbild). In Deutschland und Europa fehlt diese koordinierte Vorgehensweise, sowohl in der Industrie als auch in der Politik. Aus dem Schicksal der Photovoltaik-Industrie hat niemand dazu gelernt. Spätestens bei der Verteidigungstechnik sollten wir uns überlegen, ob wir auf Produkte aus fernen Volkswirtschaften angewiesen sein wollen.

Die abschließende Podiumsdiskussion, die unter dem Motto „Wie schaffen wir die Mobilitätswende“ stand, brachte interessante Aspekte auf. Unsere heutige Welt hat sich im Mobilitäts- und Transportsektor über die letzten einhundert Jahre zu einem perfekten Ökosystem auf der Basis fossiler Kraftstoffe und einer global vernetzten Fahrzeugindustrie entwickelt. Ob auf der Straße, auf dem Wasser oder in der Luft, es bleibt fast kein Wunsch mehr offen. Benzin, Diesel und Kerosin sind jederzeit, billig und in beliebigen Mengen verfügbar. Gleichzeitig haben uns unsere erfolgreichen Traditionsunternehmen sehr viel Wohlstand beschert. Wir als Gesellschaft gewöhnten uns an den Komfort. Gleichzeitig ist die Bereitschaft zur Veränderung in Deutschland und Europa sehr gering: Alles ist gut und bequem, da sollten wir lieber nichts riskieren. Erst wenn es zu spät und damit teuer und schmerzhaft geworden ist, wachen alle auf, so Thomas Speidel. Er übertrug die  berühmte Aussage von Mario Draghi während der Finanzkrise 2012, auf den akuten Nachholbedarf in der Landesverteidigung (dabei war Wladimir immer so nett zu den Politikern) und die sich abzeichnende Situation bei der Mobilitätswende: Es wird eine Herkulesaufgabe, die Herausforderungen des Klimawandels und der industriellen Transformation zu meistern. Dann braucht es wohl jemanden, der mit „What ever it takes“ das Ruder herumreißt.

 

Titelbild: Stephan Herbst von Toyota Motors Europe zu den Wasserstoff-Aktivitäten in China

Foto Poster Award: ZSW (alle Rechte vorbehalten)

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