Verbennerverbot 2035: Was steckt dahinter?

Heiß geht es her, bei den Verhandlungen in Brüssel zwischen den Lobbyisten der Konzerne, der EU- Kommission, dem EU-Parlament und den nationalen Regierungen: Das Verbrennerverbot 2035 soll aufgeweicht werden. Über das Für und Wider und die alternativen Technologien möchte ich an dieser Stelle nicht sprechen. In diesem Beitrag würde ich gerne einige grundlegende Zusammenhänge beleuchten, die in der öffentlichen Debatte kaum vorkommen, aber wicht für das Verständnis der Energie- und Mobilitätswende sind.

Im Jahr 2050 wird Europa klimaneutral sein. Das heißt eine CO2-freie Energieversorgung für alle Bereiche muss bis dahin etabliert sein – so will es das Gesetz. Deutschland hat sogar das Jahr 2045 in die Verfassung geschrieben.

Was bedeutet das für die angestrebte Energiewende im Verkehr?

Wenn im Jahr 2050 keine CO2-Emissionen mehr entstehen dürfen, dann werden zu diesem Zeitpunkt alle Fahrzeuge, die fossilen Kraftstoff zum Fahren brauchen, in den Ruhestand versetzt. Nachdem ein typisches Auto etwa 15 Jahre lang „lebt“, darf man daher ab 2035 auch nicht mehr den Verkauf dieser Autos erlauben – das ist ganz plakativ der Grund für das Verbrennerverbot 2035.

Aber was bedeutet das für uns und heute? Es sind ja noch 10 Jahre bis 2035. Dazu habe ich zwei Grafiken entworfen.

Die erste Grafik zeigt, wie sich der Verkauf von Pkw mit Verbrenner und von E-Pkw (symbolisch für CO2-neutrale Antriebe) die vergangenen 5 Jahre entwickelt hat und wie es die nächsten 10 Jahre weitergehen müsste. Für letzteres habe ich einen linearen Verlauf angenommen und die Verkaufszahl von 2,9 Millionen Pkw pro Jahr konstant gehalten. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland etwa 2,4 Millionen Pkw mit einem Verbrennungsmotor (inkl. Hybrid-Fahrzeuge) verkauft, bei den Batterie-elektrischen Fahrzeugen waren es 380.000. Die Zahl der verkauften fossilen Verbrenner Fahrzeuge wird sich, dem Verbennerverbot folgen,  in den nächsten 10 Jahren auf Null reduzieren, mit allen Konsequenzen für die Entwickler, Hersteller und Verkäufer von solchen Antrieben und den dafür notwendigen Bauteilen. Nachdem die Entwicklung eines neuen Fahrzeuges etwa 4 Jahre dauert und dieses typischerweise über 6 bis 8 Jahre produziert wird, ergibt es schon heute kaum mehr Sinn in diese Themen zu investieren (siehe Balken in der Grafik). Die Konsequenzen spüren wir inzwischen überall: Stellenabbau und Firmenverkäufe.

 

Gleichzeitig muss die Produktion und vor allem auch der Verkauf an Fahrzeugen mit klimaneutralen Antrieben im gleichen Tempo ansteigen (grüne Linie in der Grafik oben). Eine enorme Herausforderung.

Um die Reduktion der CO2-Emissionen oder den Bedarf an grünem Strom oder anderen CO2-neutralen Kraftstoffen, sowie der notwendigen Infrastruktur zu verstehen, hilft diese Darstellung mit den jährlichen Verkaufszahlen nicht weiter. Dafür ist der Anteil der jeweiligen Fahrzeuge am Gesamtbestand entscheidend. Bei den gleichen Annahmen wie bei den Verkaufszahlen ergibt sich der unten dargestellte Verlauf. So reduziert sich bis zum Jahr 2035, dem Jahr des Verbrennerverbotes, die CO2-Emission nur um 35 Prozent im Vergleich zu 2020 (der Rest bis Null erfolgt in den anschließenden 15 Jahren). Der 35-prozentige Rückgang beim Verkauf des fossilen Kraftstoffes hat allerdings schon enorme Konsequenzen für die Mineralöl-Wirtschaft.

Der Aufbau der Produktionsmengen an grünem Strom oder Kraftstoffen und vor allen der dazugehörigen Infrastruktur wird eine ganz zentrale Herausforderung werden. In der vergangenen 5 Jahren haben wir erst einen Anteil von 3 Prozent E-Pkw am gesamten Bestand geschafft. Hält man sich die notwendigen Entwicklungen für die kommenden 10 Jahre vor Augen, dann kann es einem schon schwindelig werden. Für Nutzfahrzeuge, Schiffe oder Flugzeuge gilt Ähnliches.

Es stehen uns spannende Zeiten bevor.

Gibt es Alternativen? Außer weniger Konsum und weniger Mobilität fällt mir da nichts ein.

P.S. Interessant wäre zu hören, wie Kommunen, die schon 15 Jahre früher, also 2035, klimaneutral werden wollen, sich die Umsetzung vorgestellt haben. Gerne verwenden sie die beiden Grafiken, die ich gerne auf die kürzere Zeiträume anpassen kann.

Titelbild: Petra Boeger

 

 

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