Was bleibt vom Klimaziel 2045?

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral werden – so steht es im Klimaschutzgesetz und im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Bundesregierung. Ein ehrgeiziges Ziel.

Im Auftrag der ZEIT untersuchte das Meinungsforschungsinstitut Infas im Januar 2025 die Frage: „Glauben Sie, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird? Befragt wurden 1001 Personen.

29 Prozent der Befragten antworteten mit Ja, wir glauben, dass wir bis 2045 klimaneutral sind und 67 Prozent der Befragten antworteten mit Nein. Fast zwei Drittel der Befragten sagen: Das wird nichts mit der Klimaneutralität bis 2045.

Die Skepsis zieht sich durch alle Gruppen der Befragten – mit Unterschieden. Frauen zeigten sich mit 33 Prozent etwas optimistischer als Männer (24 Prozent). Bei der Parteipräferenz fällt besonders auf: 88 Prozent der AfD-Anhänger glauben nicht an die Zielerreichung. Bei CDU/CSU sind es 73 Prozent, bei der SPD 82 Prozent. Etwas optimistischer äußerten sich Wählerinnen und Wähler der Grünen (42 Prozent Ja) und der Linken – dort glaubt die Mehrheit, 58 Prozent, an das Klimaziel.

Was könnte hinter diesen Zahlen stecken?
Es ist viel passiert in den letzten Jahren. Corona, Kriege, steigende Energiepreise, Inflation, Wohnungsnot, Migration.
Es sind große Themen, die nicht nur die Politik, sondern auch die private Lebenswirklichkeit bestimmen. Themen, die Energie binden.

Klimaziele sind langfristig. Sie erfordern Vorstellungskraft und Weitsicht. Beides fällt schwer, wenn das Hier und Jetzt alle Kraft fordert. Die Antwort „Nein“ könnte also auch heißen: Ich sehe nicht, wie das gehen soll. Nicht jetzt. Nicht unter diesen Umständen.

Und dann ist da die politische Debatte. Die Politik der vergangenen Jahre sowie der Wahlkampf im letzten Jahr bis ins Frühjahr hinein waren von anderen Themen bestimmt. Das Klima spielte – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle. Vielleicht, weil man nicht glaubte, damit Wählerstimmen gewinnen zu können. Oder weil Klimapolitik in Teilen der Gesellschaft inzwischen reflexartig mit Verzicht, Einschränkung oder Bevormundung assoziiert wird. Das macht es nicht leichter, über realistische Wege zur Emissionsminderung zu sprechen. Wenn das Thema politisch nicht mehr sichtbar verhandelt wird, wie sollen die Menschen dann glauben, dass diese Ziele ernsthaft angegangen werden?

Klimaneutralität 2045 ist in unserer Verfassung verankert. Es geht um viel: die industrielle Wettbewerbsfähigkeit, die Frage, wo Produkte der Zukunft entwickelt und gebaut werden – und ob das noch bei uns geschieht. Wenn wir als Gesellschaft nicht handeln, dann tun es andere. Während wir diskutieren, entstehen anderswo längst die Arbeitsplätze von morgen. Das hat Folgen – auch für unseren Wohlstand.

 

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