Stuttgart nimmt aktuell 10 Wasserstoff-Busse vom Typ „eCitaro fuel cell“ für seinen ÖPNV in Betrieb. Bei der anspruchsvollen Topologie von Stuttgart helfen Brennstoffzelle und Wasserstoff dem Elektrobus die notwendigen Reichweiten zu ermöglichen – bis zu 600 Kilometer gibt Mercedes-Buses für sein Konditionswunder an.
Schön, dass Stuttgart den Weg zurück zur Brennstoffzelle findet, schließlich war die schwäbische Hauptstadt einmal das Epizentrum der weltweiten Brennstoffzellen-Entwicklung.
1997, also vor fast 30 Jahren, hatte Daimler seinen ersten Brennstoffzellen-Bus – gennant Nebus (New Electric Bus) – der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese erste Prototyp war anschließend auf der ganzen Welt unterwegs, im Winter in Oslo, in der Höhenluft von Mexico-City und in Australien. Bald danach und parallel zur Entwicklung der Brennstoffzellen-PKW wurden 36 Busse vom Typ Citaro mit Brennstoffzellen und Wasserstofftanks ausgerüstet und waren ab 2003 in 12 Städten weltweit für viele Jahre im ganz normalen Linienbetrieb im Einsatz – auch in Stuttgart. Viele Städte wie Hamburg, Amsterdam und London wollte für ihre Busflotten nur noch noch Wasserstoffbusse haben – so begeistert waren Betreiber und Fahrgäste von den leisen und umweltfreundlichen Bussen. Eigentlich beste Voraussetzungen für einen kommerziellen Start der neuen Technologie. Doch die traditionellen Bus-Hersteller (Daimler, MAN) wollten nicht. Warum? Es gab keine Gesetzgebung, die sie dazu gezwungen hätte. Die sollte erst 2021 mit der Clean Vehicle Direktive kommen. Und Konkurrenz war zu dieser Zeit auch nicht sichtbar. Mit der vorhandenen Technologie kann man da bequem weiter gute Renditen erzielen und muss sich nicht irgendwelchen Risiken aussetzen.
Erst 2015 sollte die nächste Generation der Brennstoffzellen-Antriebe mit 26 Bussen in fünf europäischen Städten demonstriert werden. Zu dieser Zeit begann Mercedes die Serienentwicklung eines neuen, sehr kompakten Brennstoffzellen-Antriebes für den GLC, von dem ab 2018 400 Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert wurden (siehe Bild unten). Daimler hatte ein für die Serienproduktion vollständig qualifiziertes Produkt, das auch perfekt für die 2018 gestartet Entwicklung der neuen Generation von Elektro-Bussen gepasst hätte. Man hatte sich für das Konzept des Range-Extenders entschieden: Ein Brennstoffzelle lädt die Batterie während der Fahrt auf und ermöglicht damit die geforderten Reichweiten in topografisch anspruchsvollen Regionen, wie Stuttgart. Genau dieses Produkt gibt es seit einiger Zeit und wird jetzt in Stuttgart bei den SSB in Betrieb genommen – allerdings mit der Brennstoffzelle von Toyota, der aus dem Mirai und nicht der von Daimler aus dem GLC. Warum?
Die verantwortlichen Vorstände haben dafür sicherlich viele Erklärungen bereit – eine nachvollziehbare habe ich nie gehört.
Damit war wieder eine Chance für die einheimischen Arbeitsplätze der Zukunft vertan.
P.S.: Wer sich für meine Erlebnisse mit Basisinnovationen in der deutschen Industrie und Politik interessiert, kann dies in dem Buch „Wasserstoff auf dem Weg zur Elektromobilität“ nachlesen.
Titelbild: Media Daimler Truck