Zugegeben: Auf die Idee, wegen eines Fußballspiels des FC Bayern – und das auch noch gegen den FC St.Pauli – extra nach München zu fahren, wären weder mein (e2connect!-) Kollege Werner Tillmetz noch ich gekommen. Doch der Einladung eines alten Bekannten konnten wir dann doch nicht widerstehen, ihn dort zusammen mit ein paar interessanten Menschen in einer Loge auf der Westtrübine zu treffen, natürlich mit tollem Essen, einem herrlichen Blick über das Spielfeld und einem eigenem Parkplatz. Und siehe da: Es wurde ein durchaus spannendes Spiel, garniert mit fachkundigen Personen, die auch unseren Ansatz bei e2connect teilen und unterstützen.
Und jetzt zum eigentlichen Hintergrund dieses Beitrages:
Mit unerwartet guten Eindrücken und einem neuen, zumindest meinerseits deutlich achtungsvollerem Blick auf das erstaunliche Potential des FC St.Pauli, traten wir also die Fahrt zurück nach Lindau an. Darum nämlich – wegen des Stichworts „Fahrt“ – kreisten auf der Rückfahrt unsere Gespräche. Zum Beispiel, dass wir an diesem Nachmittag hin und zurück knapp 400 Kilometer gefahren sind. Nun ist diese Strecke im Vergleich zu derjenigen, die bestimmt viele St.Pauli-Fans zurückgelegt haben, vergleichsweise kurz: Denn über 1.600 Kilometer mussten die zurücklegen, um ihre Mannschaft lautstark zu unterstützen.
Eine Rechere, die letztlich in einer kurzen Analyse mündete, hat Folgendes ergeben: Durchschnittlich 44.000 Fußballfans besuchen wöchentlich ein Bundesligaspiel (deutlich mehr hat zuletzt Borussia Dortmund angezogen, und bei den Bayern sind es regelmäßig 75.000, weil einfach nicht mehr ins Stadion passen und alle Spiele ausverkauft sind). Und über zwei Drittel von ihnen – und da gehörten auch wir diesmal dazu – reisen mit dem Auto an.
Ausgehend von diesen Zahlen, regte sich so langsam unser eigenes Öko-Gewissen, und daran ist keineswegs die Mathematik schuld. Sie nämlich bestätigt unerbittlich: Es gibt insgesamt 18 Mannschaften, die allein in der 1.Bundesliga 17mal gegeneinander spielen, und zwar ein Mal zuhause und ein Mal auswärts. Und jetzt wird’s bedrohlich: An jedem dieser insgesamt 34 Spieltage (bzw. Wochenenden) finden insgesamt je 9 Spiele statt. So sind es also pro Saison insgesamt 306 Spiele, und rund 70 Prozent der Zuschauer reisen mit dem Auto an…Vor diesem Hintergrund dürfte es manchem Klimaaktivisten schwer fallen, nicht im wahrsten Sinne des Wortes zum „Spiel-Verderber“ zu werden.
Denkt man dann noch an die Bratwurst samt Brötchen, die halbe Bier, die Limo und rechnet auch den dadurch unvermeidlichen Müll und die nicht verzehrten und weggeworfenen Lebensmittel hinzu, so bringt es laut einer Umfrage bei mehreren Fußballvereinen ein einziger Bundesliga-Spieltag letztlich auf etwa 120 Tonnen CO2-Emissionen.
Mittlerweile stellen sich immer mehr Fußballvereine ihrer Verantwortung zu den bisher meist verdrängten Auswirkungen auf die Umwelt. Es gibt Kombi-Karten für Eintritt und ÖPNV, manche leihen sogar e-Bikes aus oder verweisen auf Sonderzüge oder auch Shuttle-Busse. Auch zahlreiche Vereinsanhänger organisieren Fan-Busse oder nehmen die Angebote professioneller Busbetreiber an, die sie zu den Spielen bringen.
Doch bei allem darf man nicht vergessen: Wenn allein der FC Bayern weltweit über 4.000 Fanclubs (viele davon in den USA und Kanada) mit rund 322.000 eingetragegen Mitgliedern hat, dann überstrahlt natürlich diese erstaunliche Anziehungskraft des Fussballs bei weitem den Preis, den die Umwelt dafür bezahlen muss. Allerdings leistet er gleichzeitig auch einen kaum messbaren, vermutlich aber sehr hohen Beitrag dazu, um nahezu täglich und weltweit für ein paar Stunden ein immer seltener werdendes Gemeinschaftsgefühl unter sehr unterschiedlichen Menschen zu erzeugen. Und das gibt es in einem ähnlichen Ausmaß eigentlich nur noch bei Musikveranstaltungen und -Festivals.
Einen passenden Moment zu diesem Thema gab es dann übrigens auf der Heimfahrt: Da überholten wir einen etwas älteren Omnibus. Auf seiner Seite sahen wir die Aufschrift: Fanclub FC Bayern. Geht doch!
Foto: privat
2 Antworten
Na, hoffentlich hattet ihr auch das Spiel „genießen“ können – mit dem alten Bekannten als Gastgeber. Eure Überlegungen und Gespräche zum „Fussball-CO2“ sind ja wirklich spannend! Und das ist dann nur die 1. Bundesliga! So gäbe es sicherlich viele Dinge, die „Fussabdrücke“ produzieren. Apropos: wer war denn der „alte Bekannte“ ;-). LG und weiterhin so schöne Gedanken, Armin
Lieber Winfried,
interessant Deine Berechnungen, am meisten beschäftigen mich jedoch die beiden letzten Absätze. Dieses nicht nur für junge Menschen so wichtige Gemeinschaftsgefühl wird ihnen bei Musik- und Sportveranstaltun-gen meist friedlich vermittelt. Und selbst die überzogenen Aktionen und Ausschreitungen der Ultras! Früher konnten sie ihre überschüssigen Hormone in kriegerischen Auseinandersetzungen loswerden, heute in solchen Massenveranstaltungen. Sind wir froh, dass ein Krieg in Mitteleuropa noch nicht unmittelbar droht. Dennoch habe ich mein Amt als Vorstand eines Erstligisten auch deshalb gerne aufgegeben, weil uns die Undiszipliniertheit unserer Ultras zuletzt horrente Summer gekostet hat und mich sehr genervt hat.